tutti a tavola!

  • Fackelträger
  • Erschienen: Januar 2013
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  • ISBN: 978-3-7716-4514-4
  • 224 Seiten.
tutti a tavola!
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Britta Höhne
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Kochbuch-Couch Rezension vonMai 2013

Praktikabilität

Ausstattung

Kochen nicht immer wie bei Mama

Störend ist eines: Vegetarier sind Vegetarier, weil sie bewusst auf tierische Produkte verzichten, nicht weil sie „Food-Dummys“ brauchen, die so schmecken, als seinen Fisch, Fleisch, Geflügel enthalten. Schade, dass Micaela Stermieri bereits im Vorwort ihres Kochbuches mit dem schönen Titel tutti a tavola! Meine italienischen Familienrezepte, auf Fleischersatz eingeht. Darauf, dass sie bemüht ist, italienische Klassiker wie Spaghetti carbonara oder Vitello tonnato in eine vegetarische Variante umzuwandeln.

Der Fairness halber sollten sich Vegetarier aber eingestehen, dass es auch Gourmets gibt, die lediglich von Zeit zu Zeit auf Fleisch und Co. verzichten und zwischendurch etwa der italienischen Küche frönen – mit all ihren Finessen. Und genau das ist das Ziel von Micaela Stermieri, die die Leidenschaft fürs Kochen bereits in die Wiege gelegt bekam: „Als Italienerin mit einer grandios kochenden Mama.“

Micaela Stermieris großformatiges Kochbuch ist auch ein Bildband. Auf Papier gedruckt, das an Umweltschutz denken lässt: Stumpf, rau, recyceltes Altpapier, schön gemacht mit kraftvollen Farben und ästhetischen Darstellungen, selbst dann, wenn es nur gilt, ein paar Ochsenherz-Tomaten darzustellen: Cuore di bue. Die Bilder verlocken: Koffer packen und auf in den Süden. Schön sind sie verpackt, die Kochexperimente, die schon seit mehr als 15 Jahren im Kopf der gelernten Kreativdisignerin herum geistern.

Die Grundbasis der in einer Wassermühle wohnenden Köchin heißt Qualität: Ihr ist wichtiger wenige Zutaten zu verwenden, dafür aber gute. Solche, wie sie sagt, die Geschmacksfeuerwerke im Mund zünden. Das vermisse sie in Deutschland, schreibt sie, das mehr Wert auf Form-Normen gelegt werde, als auf Geschmack. Geschmacksvergleiche deutet sie gleich mehrfach an: Prosciutt cotto versus deutscher Kochschinken, Pancetta versus Bauchspeck, Prosciutto crudo versus Schwarzwälder oder auch Serranoschinken. Gut, dass das Wort „vegetarisch“ auf dem Buchcover nur ganz klein erscheint: jedes Rezept klassisch und vegetarisch.

Dann kocht sie los, die Italienerin, die gerne Gäste bekocht und bewirtet und ihr Buch in Ich-Form schreibt. Nicht jedoch, bevor sie ihren Lesern und Nachkochern noch diverse Tipps mit auf die Küchenwaage legt. So stellt sie „Unsere vegetarischen Freunde“ wie Tofu, Tempeh, Tofukäse, Sojafleisch und Seitan vor. Erklärt, was genau das ist, wie es zu verwerten und selbst herzustellen gilt.

Wie bei jedem vollständigen Kochbuch, beginnt die Autorin mit den Vorspeisen. Mit Erinnerungen an ihre Italien-Zeit leitet sie reichlich poetisch ein. Was folgt sind die versprochenen zwei Varianten: Feldsalat mit gebratenem Tempeh und Feldsalat mit Pancettawürfeln. Dabei sind die Rezepte identisch formuliert, außer – versteht sich – die Sonderzutat. Auf Dauer wird es langweilig, weil ja eigentlich schon das Lesen der Zubereitung begeistern soll. Mit Tofu gefüllte Tomaten und solche mit Thunfisch. Bohnen mit Tempeh oder Bauchspeck, Fenchelgratin mal mit mal ohne Speck. Fettuccine mit Sahne, Erbsen und mariniertem Tofu, wahlweise mit Schinken, Spaghetti mit Räuchertofu steht der Klassiker alla carbonara gegenüber.

Stermieri lässt nichts aus: Risotto, Lasagne, Ravioli, Gnocchi, Maccheroni, Ofengerichte, Pizza, Fisch- und Fleischgerichte und auf der anderen Seite Tofu, Seitan und Co. Ein großer Abschnitt ist den klassischen italienischen Desserts gewidmet. Wie etwa Ricotta-Zitronenkuchen, Apfelkuchen, Schokoladenrolle, Zitronencreme und Zitronenlikör, der Limoncello. Den Desserts schließen sich Grundrezepte an, die allesamt sehr gut und logisch beschrieben sind.

tutti a tavola! ist ein schönes, ästhetisch schönes Experiment einer Frau, die ein großes Stück ihrer privaten Sphäre in das Buch einfließen lässt, indem sie kleine Anekdoten am Rande verfasst. Das ist wirklich schön. Dennoch will sich nicht ganz erschließen, warum italienische Klassiker, die eben jeder liebt weil sie italienische Klassiker sind, in einer doch stark abgewandelten vegetarischen Fassung geben sollte – die im Idealfall am Ende auch noch schmeckt wie das Original. Vegetarier sind gewohnt weg zu lassen, und wer die Pizza nicht mit Salami mag und möchte, bereitet sie it einer anderen Zutat zu. Eigentlich einfach. Sonderbar mutet an, wenn eine Pizza mit Seitan und Soja statt mit Schinken gefüllt wird. Schinken weg, restliche Zutaten rein – auch das ist italienisch und allemal besser als diese eher geschmacksneutralen Fleisch-Duplikate.

Fazit:

Kritik beiseite: Micaela Stermieri kann kochen, beweist Geschmack und das zeigt sie auch in ihrem Buch. Das – Vegetarier oder auch nicht – ein informatives Werk ist, zum Thema Essen, Familie und Italien.

tutti a tavola!

Micaela Stermieri, Fackelträger

tutti a tavola!

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