RAMEN FOREVER

Mit Ramen bewege ich mich persönlich noch weitestgehend auf Neuland. Selbst gemacht habe ich es noch nicht und auch nur sehr selten in einem Restaurant verspeist. Mit Tim Anderson habe ich mir nun einen Ramen-Profi in die Küche geholt - mit diesem Kochbuch versteht sich. Und das macht schon durch knalliges Pink und Orange mit glänzenden Goldakzenten auf sich aufmerksam.

„Ramen sind ein solch komplexes Thema mit derart vielen unscharfen Definitionen und kulturellen sowie historischen Schichten darunter, dass ich manchmal nicht weiß, wo ich mit dem Erklären anfangen soll.“

So beginnt Tim Anderson seine Einleitung und macht damit deutlich, dass Ramen beileibe kein schlichtes Suppengericht ist. Aber ich hätte tatsächlich nicht diese außerordentliche Komplexität und Vielschichtigkeit bei den japanischen Nudelsuppen erwartet. Glücklicherweise erklärt Anderson, der seit mehr als 10 Jahren professionell zubereitet, überaus spannend und unterhaltsam. Er nimmt uns an die Hand, bringt uns den Geheimnissen von richtig guten Ramen näher. Auf Seite 8 gibt es das „Ramen-Manifest“, das in 5 Punkten erläutert, was Ramen sind und was eben nicht. Gleich der erste Punkt lässt kurz schmunzeln „Ramen sollten schlürfbar sein“ ist die Überschrift und der Absatz Endzeit mit: „Sie müssen schlürfen! Ramen geziert oder ohne das leiseste Geräusch zu verzehren ist eine Beleidigung.“

Wie immer, wenn es um authentischen Geschmack geht, spielt die Qualität und Zubereitung der Zutaten eine enorme Rolle.

Nach kurzen einleitenden Kapiteln widmet sich Anderson den wichtigsten Grundelementen von Ramen: Brühen, Tare - das sind die Gewürzzubereitungen, Nudeln, Öle & Fette und Toppings. Letztere können äußerst vielseitig sein. Schon bei der Brühe ist viel Wissen gefragt. Wer diese selbst machen möchte, sollte einen gut Metzger kennen, oder muss zur Säge greifen. Denn nur wenn Knochen richtig vorbereitet sind, gelingt auch die Brühe. So lernen wir Seite um Seite Arbeitsschritte und Techniken kennen. Und auch exotische Zutaten. Ohne speziellen Feinkostladen wird es da schwierig. Gut, dass zumindest die Nudeln nicht zwingend selbst gemacht sein müssen - vorausgesetzt man greift zur richtigen Sorte.

„Es ist soweit: Jetzt machen wir Ramen!“

Im Kapitel „100% Ramen“ ab Seite 154 geht es dann schließlich um Rezepte für geschmackvolle Ramen-Kompositionen. Die Zubereitungshinweise erscheinen auf den ersten Blick unerwartet überschaubar. Aber kein Wunder, denn es gibt viele Querverweise zu den vorherigen Kapiteln mit den jeweiligen Grundelementen, die nun zur Anwendung kommen. Mal schnell gemacht ist Ramen nicht! Jedes der Rezepte leitet Tim Anderson mit Anekdoten und Hintergrundinfos ein. Neben klassischen Ramen gibt es überraschend frech, kreative Variationen: „Pizza-Ramen“, „Wisconsin-Ramen mit Bier und Käse“ oder „Englische Tantanmen“, dessen Zutaten dann auch an ein typisches English Breakfast erinnern. Es darf auch mal etwas größer gedacht werden - zumindest bei den Zutaten. Für das „Halber-Schweinskopf-Ramen“ wird - wie der Name schon andeutet, ein halber Schweinskopf verarbeitet. Aber keine Sorge, vollständig in die Suppenschüssel kommt er dann nicht. Und Tim Anderson zeigt abschließend noch kreative Ideen zur anderweitigen Verwendung von Ramen-Bestandteilen.

Fazit

„Ramen Forever“ ist ein unglaublich faszinierendes und informatives Werk in toller Aufmachung. Ich sehe der diese japanische Spezialität mit gänzlich anderen Augen als zuvor und bin begeistert von der versierten und dennoch so verständlichen und unterhaltsamen Art, mit der uns Tim Anderson seine Leidenschaft näherbringt. Das über 220 Seiten fassende Buch ist sicherlich kein einfaches aber ein herausforderndes und inspirierendes Werk für Koch-Fans.