Crème brûlée

  • Hädecke
  • Erschienen: Januar 2011
  • 0
  • ISBN: 978-3-7750-0592-0
  • 70 Seiten.
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Claudia Schirrmeister
551

Kochbuch-Couch Rezension vonMai 2011

Praktikabilität

Sorgfalt und Ruhe sind gefragt, ein wenig Erfahrung ist nützlich. Ausgesprochen gute Beschreibungen der einzelnen Zubereitungsschritte Wie das so ist: Der Ungeübte benötigt zur Zubereitung etwas mehr Zeit als angegeben, grundsätzlich aber gute Umsetzbarkeit der Rezepte.

Ausstattung

Schönes gebundenes quadratisches Buch mit wunderschönen Fotos und sehr übersichtlichem Layout.

Abwechslungsreiche Variationen des französischen Kultdesserts wie man sie fast nicht für möglich gehalten hätte

Kaum jemand, der sie je probiert hat, ist nicht in Verzückung geraten: das Dessert Crème brûlée, dem der Hädecke Verlag 2010 das kleine, aber feine Rezeptbüchlein "Crème brûlée. Verführerisches Geheimnis der französischen Küche" widmet. Vor allem in Frankreich wird die wörtlich "gebrannte Crème" – in sehr unterschiedlichen Qualitäten – im ganzen Land und in nahezu jeder gastronomischen Einrichtung angeboten.

Das ist hierzulande zwar nicht der Fall, man darf aber hoffen, dass das Buch des Pariser Patissiers und Kochs José Maréchal den Bekanntheitsgrad der süßen Köstlichkeit in Deutschland ein wenig zu erhöhen vermag. Dabei geht das Gerücht, die Süßigkeit sei als "Trinity College Cream" zum ersten Mal am Trinity College in Cambridge/England serviert worden, weshalb wahre Snobs gern eine "Trinity Cream" im Restaurant ordern, damit Crème brûlée meinen, und den Kellner hilflos dastehen lassen. Der Frankophile mag an diese Ursprungsmär allerdings kaum glauben.

So schnell die Crème brûlée verzehrt ist: Ihre Herstellung bedarf Zeit und bereitet oft Furcht. Fast unmöglich erscheint es dem Laien, diesen vorzüglichen Nachtisch – die halbfeste kühle hellgelbe Crème mit der unter dem Dessertlöffel knusprig krachenden verführerisch glänzenden Karamellkruste – adäquat zuzubereiten. Ein Kunstwerk, das doch nur aus wenigen, schlichten Zutaten besteht: im wesentlichen Eier, Zucker, Sahne und Milch. Sicher, wir können zumindest in jedem französischen Supermarkt Fertigmischungen kaufen, aber ist ihre Verwendung nicht letztlich ein Armutszeugnis, das sich niemand gern ausstellt?

Das Instantpulver wird man sicher nicht mehr verwenden, wenn man sich einmal mit Maréchals Kochbuch gründlich befasst hat. Der Autor, Besitzer des renommierten Café Noir in Paris, liefert neben einer kurzen Lebensmittelkunde über die diversen Zuckerarten und Milchsorten zu Beginn ausführliche und daher sehr hilfreiche Hinweise zur Methode des Garens und Karamellisierens, die für fast alle Rezepte im Band gelten; die Zubereitung der Crème brûlée wird so Schritt für Schritt anschaulich beschrieben. Danach ist es nicht wirklich schwierig, eine gelungene Crème herzustellen – sie verlangt jedoch einige Sorgfalt. Man muss darauf achten, dass das Milchgemisch nicht doch am Topfboden anbrennt, dass sich beim Rühren der Crème keine Klümpchen bilden oder sich nicht restlos auflösen. Ruhe und Umsicht sind zweifellos gefragt. Die Crème brûlée ist eben kein Sahnedessert, bei dem es genügt, den elektrischen Quirl ein paar Minuten lang in die Rührschüssel zu halten.

Für das Karamellisieren der auf die Crème gestreuten Zuckerdecke benennt Maréchal drei verschiedene Methoden, wobei sich der Einsatz eines kleinen Gasbrenners als ausgesprochen praktisch erweist und zudem in der Hobbyküche die besten Ergebnisse liefert: Hier hätte der Autor ruhig eine Empfehlung aussprechen können. Das Brennen unter einem herkömmlichen Backofengrill dauert seine Zeit und lässt die zuvor gestockte halbfeste Crème womöglich wieder aufweichen oder gar warm werden – denn wer hat schon einen Salamander zu Hause? Und die Verwendung des traditionellen Karamellisiereisens, das im 17. Jahrhundert benutzt wurde, dessen runde Eisenplatte im Feuer so stark erhitzt wird, dass sie, über die Oberfläche der Crème gehalten, den Zucker darauf sofort karamellisiert, scheitert wahrscheinlich schon an der Beschaffung. Der Crème brûlée-Freak kommt also um das (zudem noch preiswerte) Gasbrennerchen kaum herum. Aber auch hier heißt es Aufpassen, der richtige Abstand will gefunden sein: Nicht, dass die Vanillecrème zur Crème noir wird, sich deren Zuckerkruste dem Esser nicht hellbräunlich, sondern rußgeschwärzt präsentiert.

Auf dem hinteren Buchdeckel lesen wir, dass José Maréchal "klassische Rezepte mit modernen Einflüssen kreativ verbindet"; bei Gott, das gelingt ihm mit der Vorstellung von 38 Rezeptvarianten tatsächlich. Er gibt Rezepturen preis, die allein in ihrer Darreichungsform auf den ersten Blick nicht mehr viel mit dem französischen Kultdessert gemeinsam haben, so wird die "Espressocrème" in Tassen serviert und die "Minzcrème mit Knusperschokolade" in hohen Bechern. Maréchal spart Würziges und Pikantes keineswegs aus, er mischt etwa Thymian, Möhren und Orangen und sogar Foie gras unter. Dennoch bleiben sie Crème brûlées, denn schließlich vereinen die typische Garweise und die grundlegenden Zutaten nahezu alle Rezepte.

Die spezielle Garung unterscheidet denn auch die Crème brûlée von der Crème catalane, deren Bezeichnungen oft synonym verwendet werden, was jedoch nicht korrekt ist, wie uns dieses Buch lehrt: Anders als die Crème brûlée stockt die Crème catalane im Kochtopf statt im Backofen. Traditionell wird die Crème brûlée in flachen runden, natürlich feuerfesten tönernen braunen Schälchen serviert. In den nützlichen Hinweisen auf Seite 72, am Ende des Buches – warum am Ende? Zu Beginn wären sie präsenter aufgehoben –, werden die Schalen exakt in Größe und Form beschrieben. In Frankreich und Belgien findet man sie für wenig Geld sozusagen an "jeder Ecke" und muss sich danach nicht mehr mit Blumentopfuntersetzern aus Keramik behelfen.

Für jedes Rezept sind die Zubereitungs-, Gar- und Kühlzeiten in einer Zeile jeweils separat ausgewiesen – eine sinnvolle Information auf einen Blick für die Küchenplanung. Ein Rezept beansprucht eine Seite des etwa 20x20 cm umfassenden quadratischen Büchleins, übersichtlich unterteilt in Zutatenliste und Textabschnitten, die sich den einzelnen Zubereitungsschritten entsprechend gliedern. Die kunstvollen und von moderaten Farben dominierten Fotos von Charlotte Lascève umfassen eine ganze, meist rechte Seite. Sie gleichen Stillleben; auch dem Auge bietet das Buch Genuss. Jede Rezeptvariation ist in einem wunderschönen Bild festgehalten. Und – dies zeugt von Humor! – die letzten Fotos dieses edlen Bandes zeigen leere, gleichsam mit dem Löffel ausgekratzte Crème brûlée-Schälchen: Es hat offensichtlich außerordentlich gut geschmeckt!

Crème brûlée

José Marechal, Hädecke

Crème brûlée

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